EUDR-konforme B2B-Integration

Die EU-Verordnung EUDR verändert, wie Lieferketten technisch abgebildet werden. Unternehmen müssen Geodaten, Risikobewertungen und Due-Diligence-Nachweise digital nachweisen. Dieser Beitrag zeigt, welche Architekturprinzipien und Schnittstellen notwendig sind, um EUDR-Anforderungen über EDI, APIs und GS1-Standards sicher in bestehende B2B-Integrationen einzubinden – inklusive praktischer Umsetzungsempfehlungen und Compliance-Hinweise.

Autor: Veronika Birkheim

Veröffentlicht: Zuletzt aktualisiert:

Kategorie: Integration

5 Min. Lesezeit
aurebus-consultants-team
aurebus-consultants-team

EUDR-konforme B2B-Integration: Architekturprinzipien, Umsetzungsempfehlungen und Compliance-Anforderungen

Die EU-Deforestation Regulation (EUDR) verändert, wie Unternehmen ihre globalen Lieferketten steuern – nicht nur auf operativer, sondern vor allem auf strategischer Ebene. Für viele Branchen bedeutet sie den Übergang von transaktionaler Datenverarbeitung hin zu ganzheitlicher Nachverfolgbarkeit über alle Stufen der Wertschöpfungskette.

Unternehmen, die Rohstoffe wie Holz, Soja, Palmöl, Kakao, Kaffee oder Rindfleisch importieren oder verarbeiten, müssen künftig nachweisen, dass diese Produkte aus entwaldungsfreien Gebieten stammen (EU-Verordnung 2023/1115 (EUDR)). Dieser Nachweis ist nicht nur eine regulatorische Anforderung – er wird zu einem Wettbewerbsfaktor.

Die Herausforderung liegt dabei weniger in der Compliance selbst, sondern in der technischen und prozessualen Integration der EUDR-Daten in bestehende B2B- und EDI-Infrastrukturen.
Es geht um Rückverfolgbarkeit, Datenqualität, Schnittstellenfähigkeit und Governance – Themen, die tief in die Unternehmensarchitektur eingreifen.

Neben klassischen EDI-Prozessen werden dafür Geodaten, Parzellendaten, Risikobewertungen, Referenzen auf Due-Diligence-Statements (DDS) und eine durchgängige Lieferkette-Rückverfolgbarkeit benötigt.
Die Umsetzung dieser Anforderungen erfordert eine integrative End-to-End-Architektur, die technische, organisatorische und datenschutzrechtliche Aspekte gleichermaßen berücksichtigt.

Dieser Beitrag zeigt, welche architektonischen Prinzipien, Datenflüsse und technischen Standards notwendig sind, um EUDR-Anforderungen effizient in bestehende IT- und Lieferkettenprozesse zu integrieren – und wie sich Unternehmen so langfristig rechtssicher, auditfähig und digital anschlussfähig aufstellen.

Warum klassisches EDI allein nicht ausreicht

Bestehende EDI-Prozesse (z. B. ORDERS, DESADV, INVOIC) ermöglichen den strukturierten Austausch von Geschäftsdaten. Die Anforderungen der EUDR gehen jedoch deutlich darüber hinaus:

  • Geodaten und Parzellendaten zur Darstellung der Herkunftsflächen

  • Risikobewertungen und DDS-Referenzen als Nachweise

  • Verknüpfung von Produktchargen mit Landparzellen

  • Schnittstellen zu EUDR-Hub-Systemen (z. B. über die osapiens API) zur Automatisierung des Datenaustauschs

  • Nutzung etablierter GS1-Standards (z. B. EPCIS) zur Sicherstellung der Interoperabilität

Das offizielle EU Deforestation Regulation Information System (EUDR-IS) schreibt die Bereitstellung und Einreichung von Daten über GeoJSON-Bulk-Upload und REST-API vor. Da sich die API-Spezifikationen und Übermittlungsstandards (Stand Oktober 2025) noch im Abstimmungsprozess befinden, sollte die Architektur modular und flexibel gehalten werden. Änderungen der EU-Vorgaben können so ohne grundlegende Systemänderungen integriert werden.

Architekturprinzipien für die Integration von EUDR-Daten

Eine EUDR-konforme B2B-Integration gliedert sich in mehrere Kernbereiche, die projektspezifisch ausgestaltet werden können:

1. Stammdatenanreicherung & Kontextdaten

Erweiterung bestehender Stammdaten (Lieferanten, Produkte, Chargen) um Felder wie Landparzellenbezug, Risikoindikatoren und Zertifikate.
Optional: Anbindung externer Geodatenquellen oder GIS-Systeme.

Für EUDR-relevante Produkte sollten zudem Compliance-Verantwortliche eindeutig zugeordnet und alle relevanten Prüf- und Freigabeschritte revisionssicher dokumentiert werden.

2. Erweiterte EDI-Formate und Datenstrukturen

Definition zusätzlicher Segmente oder Felder in bestehenden EDI-Nachrichten zur Aufnahme von Geodaten, DDS-Referenzen und Risikoattributen.
Alternativ können parallele Nachrichtenformate (JSON, XML) eingesetzt werden.

Wichtig ist, dass alle Mappings dynamisch anpassbar bleiben, um Änderungen an EU-Standards kurzfristig berücksichtigen zu können.

3. API-Schnittstellen zu EUDR-Hub-Systemen

Automatisierter Datenaustausch via REST-API mit EUDR-Hubs (z. B. osapiens API) zur Verwaltung von Parzellen, Chargen, DDS-Übermittlungen und Statusabfragen.
Die Einbindung erfolgt in enger Orientierung an den technischen Dokumentationen und Sandbox-Umgebungen des EU-Informationssystems, damit spätere Änderungen der Übermittlungsprotokolle ohne großen Aufwand umgesetzt werden können.

4. Validierung, Logik & Monitoring

Vor der Übermittlung sind Plausibilitätsprüfungen (z. B. Polygonvalidierung, Schwellenwerte, Konsistenzprüfungen) erforderlich.
Die Architektur muss ein durchgängiges Monitoring der Schnittstellen, eine Fehlererkennung sowie Eskalationsmechanismen beinhalten.

Die Risikobewertung umfasst sowohl technische (z. B. Geodatenprüfung) als auch organisatorische Aspekte.
Unternehmen müssen intern dokumentieren, wie Risiken identifiziert, bewertet und minimiert werden – einschließlich Zuständigkeiten und Entscheidungswege.

5. Submission & Interaktion mit dem EU-Informationssystem

Automatisierte Einreichung von Due-Diligence-Statements (DDS) an das EU-Informationssystem über API.
Die Architektur sollte Rückmeldungen, Änderungsanfragen und Queries vollständig verarbeiten können.

Jede Einreichung ist intern zu dokumentieren und durch Compliance-Beauftragte freizugeben, um den gesetzlichen Nachweis- und Prüfpflichten gerecht zu werden.

6. Auditfähigkeit, Prozessdokumentation & Archivierung

Versionierte Speicherung aller relevanten Daten (Parzellen, DDS, Rohdaten, Logs) mit revisionssicherer Ablage und nachvollziehbarer Historie.
Die Architektur sollte Reporting- und Auditmechanismen bieten, die sowohl technische als auch organisatorische Nachweise enthalten:
Verantwortlichenzuordnung, Freigabevermerke, Prüfschritte und Eskalationsmeldungen.

7. Sicherheits- und Datenschutzanforderungen

Die Verarbeitung von Geodaten und Parzellendaten erfolgt unter Einhaltung der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO).
Mechanismen zur Verschlüsselung, Datenminimierung und Zugriffskontrolle sind verpflichtend.
Regelmäßige Compliance-Checks sowie Möglichkeiten zur Anonymisierung von Test- und historischen Daten gehören zur Standardausstattung.

Beispielhafter Workflow

  1. Eine Bestellung wird im ERP-System als EUDR-relevant markiert.

  2. Automatisierte Anfrage an den Lieferanten zur Bereitstellung von Geodaten und Risikoattributen.

  3. Validierung und Anreicherung der Daten im System, Zuordnung von Verantwortlichen.

  4. Generierung von EDI-Nachrichten und ergänzenden EUDR-Datenpaketen.

  5. Einreichung des DDS via EU-API mit interner Protokollierung und Freigabe.

  6. Verarbeitung von Rückmeldungen und ggf. Einleitung von Korrekturmaßnahmen.

  7. Archivierung aller Daten inkl. Versionierung, Logs und Compliance-Dokumentation.

Erfolgsfaktoren für Integrationsprojekte

  • Stammdatenqualität: Fehlerhafte Daten führen zu Integrationsproblemen und Compliance-Risiken.
  • Lieferantenfähigkeit: Nicht alle Partner verfügen über IT-Systeme – manuelle oder hybride Prozesse müssen möglich sein.
  • Governance & Verantwortlichkeiten: Klare Zuständigkeiten, Freigabe- und Eskalationsprozesse sind essenziell.
  • Standardisierung & Interoperabilität: Einsatz offener Formate (GeoJSON, JSON, XML, CSV) und GS1-Kompatibilität.
  • Fehler- und Ausnahmelogik: Rückfragen und Nachlieferungen müssen systematisch abgewickelt werden.
  • Skalierbarkeit & Performance: Systeme müssen mit wachsender Lieferkette skalieren.
  • Sicherheits- und Auditanforderungen: Jede Änderung und Entscheidung muss nachvollziehbar und revisionssicher dokumentiert sein.

aurebus Erfahrungswissen & Partnerressourcen

aurebus greift in EUDR-Integrationsprojekten auf bewährte Partner und Projekterfahrung zurück:

Architektur statt Einzeltool

Die Anforderungen der EUDR zeigen, dass eine isolierte Einzellösung nicht genügt.
Eine integrative End-to-End-Architektur ist erforderlich, die EDI, API, Validierung, Monitoring, Sicherheit, Governance und Submission vereint.

Die Architekturbausteine bieten einen belastbaren Rahmen, um Lösungen zu entwickeln, die sowohl gesetzliche Anforderungen erfüllen als auch technologische Flexibilität bieten.

Welche Leistungen bietet aurebus konkret an?

aurebus unterstützt Unternehmen dabei, EUDR-relevante Datenflüsse technisch und prozessual in bestehende B2B-Integrations- und EDI-Landschaften zu integrieren.
Konkret umfasst das:

  • Analyse bestehender EDI- und Systemlandschaften im Hinblick auf EUDR-Anforderungen
  • Definition und Erweiterung von Mappings und Datenstrukturen
  • Integration und Anbindung von APIs (z. B. osapiens API)
  • Entwicklung und Anpassung von Schnittstellen zwischen ERP-, EDI- und Compliance-Systemen
  • Automatisierung von Due-Diligence- und Reporting-Prozessen
  • Einrichtung von Monitoring-, Logging- und Fehlerhandling-Mechanismen
  • Dokumentation und technische Absicherung der Compliance-Anforderungen

Damit leisten wir einen wesentlichen Beitrag dazu, dass EUDR-Anforderungen nahtlos, automatisiert und auditfähig in bestehende Unternehmenssysteme und Lieferkettenprozesse eingebunden werden können.

Zwei Männer im Gespräch
Project Management Team bei aurebus

Wir bieten praxisnahe Beratung mit tiefem Prozessverständnis und technischer Umsetzungskompetenz.

  • API, aurebus, Integration

    B2B-Marktplatz Integration: Typische Probleme und Lösungen aus der Praxis.

    Viele Unternehmen nutzen B2B-Marktplätze wie Amazon Business oder Mercateo, integrieren sie jedoch nicht in ihre Systemarchitektur. Dieser Beitrag zeigt, welche technischen Hürden typischerweise auftreten und wie eine strukturierte EDI- und API-basierte Anbindung nachhaltig umgesetzt werden kann.